Jurysitzung


Jury 2022 v.l.n.r. Christina Brunner, Jakob Schoof, Björn Martenson, Catherine Gay Menzel, Juri Troy *©* Elke Weiss

6 Projekte wurden von der Jury in die Shortlist nominiert

Bei ihrer Sitzung am 31. März 2022 in Lindau einigte sich die Jury auf sechs Nominierungen. Sie alle geben kluge und mitunter unkonventionelle Antworten auf die jeweilige Bauaufgabe. Vor allem aber beweisen sie Ideenreichtum im Umgang mit Tageslicht und überraschen mit einer Raumwirkung, die die Gebäude von außen nicht erahnen lassen.

Architektur lebt von solchen Überraschungen, vom Raum für das Unerwartete. Dafür braucht es keine teuren und technisch aufwändigen Tageslichtlösungen, sondern vor allem Einfühlungsvermögen, Intuition und entwerferisches Können. Auch das zeigen die Shortlist-Projekte des diesjährigen VELUX Architekten-Wettbewerbs.

Wer von den nominierten Projekten zu den Preisträgern zählt, wird öffentlich auf der Preisverleihung im Rahmen des Tageslicht-Symposiums am 15. Juni 2022 in Basel verkündet.

Dapples, Aufstockung eines Bestandsgebäudes

LOCALARCHITECTURE, Lausanne

Die Nachverdichtung unserer Städte ist nicht nur eine quantitative, sondern auch eine qualitative Herausforderung. Wie sie sich bewältigen lässt, zeigt die Dachaufstockung von LOCALARCHITECTURE in Lausanne.

Das Gebäude war Ende der 1960er-Jahre entstanden und trug ursprünglich ein Flachdach. Mit dem zweigeschossigen, leicht asymmetrischen Dachaufbau schufen die Architekten eine zeitgenössische Neuinterpretation der umliegenden Mansarddachhäuser und passten das Bestandsgebäude so in sein innerstädtisches Umfeld ein.

Im Inneren des neuen Dachs ist Raum für zehn neue Wohnungen entstanden. Ein Holzskelett trägt die Dachlast auf die bestehenden Außenwände ab, um im Inneren viel Raum und Licht für eine freie Grundrissgestaltung zu lassen.

© Michel Bonvin

Engelweiss

ansgar staudt architekten, Basel

Erstaunlich variabel zeigt sich dieses Wohnhaus, das ansgar staudt architekten im denkmalgeschützten Ortskern von Rodersdorf südwestlich von Basel errichtet haben.

In zweiter Reihe auf seinem Grundstück platziert, lehnt sich das Haus typologisch und formal an die traditionellen Ökonomiegebäude im Dorf an. Während dort eine Tenne die Scheune vom Wohntrakt trennt, bildet hier ein zurückgesetzter Erschließungs- und Sanitärbereich eine Zäsur zwischen den Wohn- und Schlafräumen an den beiden Giebelenden.

Vor allem die beiden Treppenhäuser sind als regelrechte Lichtfugen konzipiert. Das durch Dachfenster einfallende Tageslicht gelangt durch die offene Treppenkonstruktion bis hinunter ins Erdgeschoss.

© Mark Niedermann

Gemeindezentrum St. Marien

Nehse & Gerstein Architekten, Hannover

Das Zentrum von Grasdorf, einem Ortsteil von Laatzen bei Hannover, hat seine dörfliche Struktur bis heute bewahrt – freistehende Gehöfte und Wohnhäuser prägen hier das Bild.

Das neue Gemeindezentrum von Nehse & Gerstein Architekten folgt deren Duktus mit seinen roten, ortstypischen Ziegelfassaden und der reduzierten Gesamtform mit Satteldach.

Eine angemessene Höhe macht den Raum für unterschiedliche Nutzungen flexibel. Wandscheiben im Bereich der Decke vermitteln zwischen der äußeren Gebäudekubatur und der Raumgeometrie des Saals, wo sie die Silhouette eines Satteldachs abbilden. Dachfenster zwischen den Wandscheiben belichten den Raum je nach Witterung und Tageszeit unterschiedlich.

© Philipp Nehse + Franziska Faber

Kindergarten Binzmühle

Melk Nigg Architects, Zug

Mitten im Ortskern und doch im Grünen – diese Lagebeschreibung ist nicht nur der Traum jedes Hausbesitzers, sondern bot auch für den Kindergarten am Zugersee beste Voraussetzungen.

Der Ersatzneubau liegt etwas erhöht am nördlichen Rand eines kleinen Naherholungsgebiets und öffnet sich nach Südosten, Richtung Grünraum und zur Morgensonne hin. Bodentiefe Verglasungen erlauben auch aus der Kinderperspektive Ausblicke ins Freie. Das Dach setzt sich aus dreieckigen Segmenten mit unterschiedlicher Form und Neigung zusammen, in die Flachdachfenster eingebaut wurden.

Konische Leibungen sorgen für einen gleichmäßigen Lichteinfall. Neben der Tageslichtversorgung tragen die elektrisch bedienbaren Flachdachfenster auch entscheidend zur Luftzirkulation in den Räumen bei.

© Melk Nigg

Logistikzentrum mit Verwaltung Promega

haascookzemmrich STUDIO2050, Stuttgart

Ein 9000 m² großes Dach überspannt den Neubau in Walldorf bei Heidelberg, in dem das Biotechnologieunternehmen Promega seine Büros, Logistik- und Produktionsbereiche vereint hat.

Weit auskragende Geschossdecken und ein aus der Achse gedrehter Gebäudeteil leiten Besucher zum Haupteingang und weiter auf den mehrgeschossigen Marktplatz im Zentrum des Gebäudes. Ringsum bietet eine offene, dreigeschossige Arbeitswelt Platz für etwa 115 Mitarbeiter und künftige Erweiterungen.

Über alledem spannt sich ein mächtiger Holzträgerrost, der ein großzügig verglastes Sheddach trägt. Modulare Oberlichter lassen reichlich Tageslicht in die Halle und machen dort den Wandel der Tageszeiten spürbar.

© Roland Halbe

Umbau eines Dreiparteienhauses

Schroeer-Heiermann, Architekt, Köln

Im Westen die Straße, im Norden ein Park- und Marktplatz sowie im Süden die komplett geschlossene Brandwand zum Nachbargrundstück – das war die Situation, in der Chris Schroeer-Heiermann den schmalen, dreigeschossigen Altbau im Süden von Köln vorfand.

Im Inneren des Hauses lagen vor allem die Flure an den Fassaden, die Nutzungsbereiche waren dagegen in schlecht belichtete Ecken gerückt. Heute präsentiert sich das Haus in ganz anderem Zustand: neu aufgeteilt in zwei Wohnungen sowie eine Gewerbeeinheit und mit hell beleuchteten Räumen, in die das Licht fast immer von mehreren Seiten einfällt. Maßgeblich dafür sind fünf neue Dachfenster und vor allem zahlreiche Öffnungen in den Innenwänden und Decken, die das Licht tief ins Haus lenken.

© Chris Schroeer-Heiermann

Bei Fragen
Kontaktieren Sie uns gern per E-Mail: christina.brunner@velux.com